Ricarda Stichling
24. Oktober 2023
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen gewinnen - ohne Bewerbungsverfahren
Ein Gastbeitrag von Ricarda Stichling - Auszug Bachelorthesis
Im Folgenden wird ein kurzer Auszug aus einer Bachelorarbeit wiedergegeben, welche sich mit der Forschungsfrage beschäftigt hat, was die aktuellen Hürden im Bewerbungsverfahren sind und was es benötigt, um das Verfahren einfach zu gestalten. Die gewählte Methodik ist eine empirische Forschung mittels qualitativer Methode. Mit fünf halbstrukturierten Experteninterviews erfolgt eine Auswertung nach Mayring.
Inhaltsverzeichnis
- Problemstellung
- Status Quo
- Ergebnis
- Fazit
Problemstellung
Die Gesundheitswirtschaft wächst pro Jahr um 4,6% und jeder sechste Arbeitsplatz ist dort
angesiedelt (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, 2023). Gleichzeitig nehmen
Krankenhausbehandlungen zu.
Zwischen 1991 und 2019 gibt es ein Wachstum von 33% der
Behandlungsfälle bei gleichzeitig abnehmender Bettenanzahl und Krankenhäuser (Minz et al. 2023,
S.99). Trotz dieser Entwicklung mangelt es an Pflegefachkräften, unter anderem wegen den hohen
Anforderungen des Berufes aber auch bedingt durch den demographischen Wandel.
Die Vakanzzeit
für eine offene Stelle in der Pflege beträgt zwischen vier bis sechs Monaten (Camphausen &
Brandstädter 2019). In dieser Zeit greifen Krankenhäuser oft auf teure Personaldienstleister zurück.
Bedingt durch die zunehmende angespannte Finanzsituation in deutschen Krankenhäusern (Minz et
al., 2023) sowie neue Herausforderungen in der direkten Patientenversorgung mit multimorbiden
Patienten sowie zunehmende komplexe Arbeits- und Prozessabläufe (Campenhausen & Brandstädter,
2019) wird es zukünftig wichtig sein eigenes Stammpersonal selbst zu akquirieren.
Dieses Ziel sichert
das Unternehmen Krankenhaus langfristig, denn qualitative Anforderungen können nur durch
Stammpersonal gesichert werden, welche mit hausinternen Abläufen und Standards vertraut sind
(Behar et al., 2022).
Status Quo
Jede Generation bringt ein eigenes Wertekonzept mit, welches für Unternehmen bei der Akquise eine hohe Relevanz darstellt.
- Karpa (2018)
Bedingt durch den demographischen Wandel stehen dem Arbeitsmarkt immer weniger Arbeitnehmer
zur Verfügung. Karpa (2018) verweist darauf, dass jede Generation ein eigenes Wertekonzept
mitbringt, welches für Unternehmen bei der Akquise eine hohe Relevanz darstellt.
So ist es für die
Akquise von hoher Bedeutung, dass die Generationen Y und Z die ersten Generationen sind, welche
vollständig mit moderner Technologie aufgewachsen sind. Dadurch verändert sich auch die
Kommunikation zwischen Unternehmen und Arbeitnehmern: Unternehmen verlieren zunehmend die
Kontrolle über die Kommunikation, was bedeutet, dass sie weniger kontrollieren wie, wo und was
über das Unternehmen berichtet wird. Dieser Wandel sowie der aus dem demographischen Wandel
entstehende Fachkräftemangel haben den Anspruch der Bewerber an den Bewerbungsprozess stark
verändert.
Der Status Quo des Bewerbungsablaufs in Krankenhäusern wird als „Post & Pray“ betitelt, also „Anzeigen schalten und beten“ (Schäfer, 2020, S.20). Hierbei wird die Stellenanzeige laut Autorin zunächst mittels Word- oder Power-Point erstellt und anschließend als Portable Document Format (PDF)-Datei exportiert. Diese Datei wird anschließend auf der unternehmenseigenen Webseite unter der Rubrik „Karriere“ hochgeladen und veröffentlicht. Bei dieser Strategie gilt nach Holldorf (2020, S. 21): „Lieber eine unbrauchbare Bewerbung zu viel und diese absagen anstatt eine passende Bewerbung zu wenig“.
Die Hürden hierbei für den Bewerber sind vielfältig: Der Bewerber muss von allein auf das
Krankenhaus aufmerksam werden, die ausgeschriebenen Stellen unter der Kategorie „Karriere“
finden und möglicherweise sind die Stellenanzeigen dort nicht Smartphone kompatibel in ihrer
Ansicht.
Eine abschließende Hürde in diesem Prozess stellt die Kontaktaufnahme mit dem klassischen
Bewerbungsanschreiben, Lebenslauf und Nachweise über bisherige Arbeitgeber und
Berufserfahrungen dar (Holldorf, 2020). In der Gesamtheit führt dies zu einem sogenannten Zaun-
Effekt, durch den sich Bewerber vom Unternehmen fernhalten.
Ergebnis
Alle Experten kamen zu dem Schluss, dass das aktuelle Bewerbungsverfahren mit Anschreiben, Lebenslauf und Nachweise über Berufsabschlüsse aufwendig sind und das Bewerbungsverfahren zeitlich hinauszögern. Vor allem das individuelle Bewerbungsanschreiben wird als bürokratische Hürde bewertet. Zudem geben alle Experten lange interne Bearbeitungszeiten sowie interne Bürokratien an, welche den Bewerbungsprozess hinauszögern.
Fazit
Experten dieses Gebiets sind sich einig, dass sie auf ein Anschreiben im Rahmen des Bewerbungsprozesses
verzichten möchten, da es eine zusätzliche Hürde darstellt.
Gerade für Bewerber der Generation Z ist
das aktuelle Bewerbungsverfahren unattraktiv und verhindert eine hohe Zahl an
Bewerbungseingängen. Als Handlungsempfehlung ergab die Forschung zum einen, ein
Bewerbungsverfahren ohne Anschreiben anzubieten, um das gesamte Verfahren zu beschleunigen
und die Schwelle der Kontaktaufnahme für Bewerber gering zu halten.
Eine weitere
Handlungsempfehlung ergibt sich aus Umgestaltung der Bewerberplattform der eigenen
Unternehmenswebseite. Bewerber sollen sich über einen Direktlink direkt auf ausgeschriebene
Stellen bewerben können. Um auch die internen Bearbeitungszeiten zu beschleunigen, empfiehlt es
sich ein zentrales Bewerbermanagement einzurichten welche direkt nach Bewerbungseingang den
kompletten Bewerbungsprozess starten.
Autorin
@nurse_kata
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